Was ist Natur für Sie?
Uwe Habenicht: Für mich ist Natur all das, was nicht menschlich hergestellt wurde, sondern das, was ich vorfinde. Sozusagen also, was sich meinem Willen und meiner Gestaltungskraft entzieht und deshalb jenseits meiner Verfügungsmacht steht. Natur finden wir vor.
Was davon bringt Ihnen die grösste Freude?
In der Natur zu sein ist deshalb so wunderbar, weil uns die Natur zu nichts auffordert. Die Expertinnen und Experten nennen das einen ungerichteten Raum; in der Natur kann ich einfach da sein, ohne dass ich eine Aufgabe oder eine Rolle übernehmen muss. Hier muss ich nicht aufräumen, nichts wegräumen, keine Geschirrspülmaschine leerräumen oder sonst etwas tun. Die Ameise findet auch ohne mich ihren Weg und die Amsel singt ihr Lied, ob ich nun da bin oder nicht. In der Natur rücke ich aus dem Zentrum an den Rand und bin einfach eines von ganz vielen Geschöpfen neben, über und unter mir.
Und gibt es etwas, das Ihnen Angst oder Kummer bereitet?
Dass wir als Menschheit keine entschiedenen Wege aus der Klimakrise und dem Artensterben finden, bedrückt mich zutiefst. Als Einzelne können wir einiges bewirken, aber wir wissen auch, dass wir als Gesellschaften insgesamt ein weniger ressourcenfressendes Leben führen müssten. Da liegt eine riesige gemeinschaftliche Aufgabe vor uns – und ich sehe nicht, dass wir ernsthaft an Lösungen arbeiten. Wir schaffen den Abschied von alten Mustern einfach nicht.