Mit Wut sei es wie mit Atomenergie, sagt Aziz Abu Sarah. Man könne sie verwenden, um zu zerstören. «Oder wir verwandeln sie in etwas, das positiven Nutzen bringt.» Der Palästinenser Abu Sarah und der Israeli Magen Inon haben sich für die zweite Variante entschieden. Ende Oktober erzählen die beiden Männer ihre Lebensgeschichten gemeinsam auf der Bühne im voll besetzten grossen Saal der Israelitischen Cultusgemeinde (ICZ) in Zürich. «Frieden ist möglich», lautet das Thema der Veranstaltung und fällt in eine Zeit, in denen Beobachter des Krieges im Nahen Osten zunehmend die Hoffnung verlieren.
Im Gespräch mit «reformiert.» führen die Aktivisten später ihr Engagement weiter aus. An dessen Anfang standen Traumata und Verlust. Der 41-jährige Lehrer Inon hat beim Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 seine Eltern verloren. Islamistische Kämpfer brannten das Haus im Dorf nahe der Grenze zum Gazastreifen nieder. Abu Sarahs älterer Bruder starb 1991 mit 19 Jahren, kurz nach der Entlassung aus israelischer Haft, an inneren Verletzungen, die wohl auf erlittene Folter zurückgehen. Ihm war vorgeworfen worden, Steine geworfen zu haben. Beim Tod des Bruders war der in Ostjerusalem aufgewachsene Palästinenser noch ein Kind, er schloss sich der Fatah-Jugendorganisation an und brauchte Jahre, um sich von Hass und Wut zu befreien.