Visionen werden zu Visualisierungen

Klimaschutz

Eine Pionierarbeit soll Burgdorf beim Umsetzen der neuen Klimastrategie helfen: künstlerisch-wissenschaftliche Bilder der künftigen Stadt. Auch die Kirchgemeinde zieht mit.

CO2 reduzieren, Emissionen, netto null, Kompensation: Geht es ums Klima, die Erwärmung und die Auswirkungen davon, wird es theoretisch und technisch. Einige Akteure wollen dem in Burgdorf entgegenwirken: So haben sich die Akademie der Naturwissenschaften und die Fachrichtung Knowledge Visualization der Zürcher Hochschule der Künste mit der Einwohnergemeinde zusammengetan. Dabei wurden Illustrationen entwickelt, die ganz praktisch zeigen, was wissenschaftlich fundiert ist – und was die Stadt als Klimastrategie umsetzen will.

Diese hat der Gemeinderat am 13. Mai in der öffentlichen Sitzung des Stadtrates vorgestellt. «Strategien und Konzepte sind abstrakt. Ein klimaneutrales Burgdorf ist allerdings durchaus realistisch», erklärt Risto Krebs, Projektleiter Nachhaltigkeit bei der Stadtverwaltung. Dabei es werde seine Gestalt gar nicht so grundlegend wandeln.

Visionen der Realität

Die Strategie sieht für die Gemeinde das Netto-null-Ziel vor, also eine ausgeglichene CO2-Bilanz. Bis 2030 soll dies für die Stadtverwaltung und bis 2050 für die gesamte Gemeinde umgesetzt sein. Als konkrete Massnahmen genannt werden etwa der Ersatz fossiler Heizungen in Stadtliegenschaften, Anpassungen in der Vermögensbewirtschaftung und vieles mehr.

Im April und Mai war auf den ausgestellten Bildern zu sehen, wie die Umsetzung der Klimastrategie aussehen könnte. Abgebildet sind reale Orte in der Stadt. Der öffentliche Raum könne im Jahr 2050 vielfältig genutzt werden, heisst es zu einer Illustration des Neumarktes mit dem Mergele-Center. Die erhöhte erneuerbare Stromproduktion würde die Stadt prägen. Und ein vernetztes Verkehrssystem mit Bus, Bahn, selbst fahrenden Taxis sowie Carsharing könnte die Menschen auch nachts überallhin in der Stadt und im Umland bringen.

Wir wollen wegkommen vom Repräsen­tationsgrün.
Martin Bär, Kirchgemeinderat in Burgdorf

«Wir wollen zum Nachdenken anregen: Wie stellen wir uns unseren Lebensalltag in einem klimaneutralen Burgdorf vor? In welchen Bereichen sind wir gewillt, unser Verhalten und unsere Gewohnheiten zu verändern?» So fasst Krebs die Stossrichtung der wissenschaftlich-künstlerischen Umsetzung zusammen. Gemäss der Absicht der Akademie der Naturwissenschaften sollen die konkreten Bilder helfen, vom Wissen ins Handeln zu kommen. Burgdorf sei die erste Gemeinde in der Schweiz, wo das so gemacht werde. Weitere Umsetzungen auf Gemeinde- und Kantonsebene seien aber geplant.

Kirchgemeinde ist erfreut

Bei der reformierten Kirchgemeinde in Burgdorf rennt die politische Gemeinde mit der Klimastrategie quasi offene Türen ein. Sie seien zwar als Institution in den Prozess nicht direkt eingebunden, aber natürlich mitbeteiligt und mit betroffen als Teil der Stadt, sagt Kirchgemeinderat Martin Bär. «Wir haben uns selbst Überlegungen gemacht und auch schon entsprechend gehandelt.» So enthalten die Legislaturziele 2023–2026 auch den Grundsatz, Massnahmen zum Klima- und Umweltschutz zu treffen und die CO2-Emissionen «massiv und konsequent» zu senken.

Schon länger an der Umsetzung sei die Kirchgemeinde etwa bei der Biodiversität: «Wir wollen entschieden wegkommen vom Repräsentationsgrün und Flächen durchlässig und divers bewirtschaften», sagt Bär. Zur besseren Verwertung der Nahrungsmittel, also zur Bekämpfung von Food Waste, beteilige sich die Kirchgemeinde unter anderem an «Madame Frigo». Und bei den Gebäuden sollen die Solarenergie-Produktion und die Wärmedämmung gefördert werden.