Logik schliesst den Glauben nicht aus

Theologie

In der heutigen Zeit dominiert rationales Denken. Geht das überhaupt noch, an einen Schöpfergott oder die Auferstehung Jesu zu glauben? Ja, findet der Mathematiker Otto Bachmann.

Bald ist Ostern, das zentrale Fest der Christenheit. Es erinnert an den um das Jahr 30 herum am Kreuz hingerichteten Prediger Jesus von Nazaret, der laut der Bibel von den Toten auferstanden ist. Ein Geschehen also, das heute vielen Menschen im Westen als unglaubhaft erscheint – weil sie sich als rational, aufgeklärt und dem wissenschaftlich geschulten Denken verpflichtet fühlen. Ihr Motto lautet: «Ich glaube nur, was sich beweisen lässt.»

Otto Bachmann (80) ist promovierter Mathematiker und pensionierter Dozent der ETH Lausanne, also wissenschaftlich bestens geschult. Ihm bereitet es keine Mühe, das Wunder vom Ostermorgen für wahr zu halten. «Jesus sagte von sich: ‹Ich bin die Wahrheit› – und nicht: ‹Ich zeige euch die Wahrheit›. Diese einzigartige und weltweit bei keinem anderen Weisheitslehrer anzutreffende Aussage erachte ich persönlich für erstaunlicher als die Möglichkeit einer Auferstehung.»

Eine Einladung 

Lange hat sich Otto Bachmann neben Mathematik auch mit philosophischen und theologischen Fragen befasst. Wie es gelingen kann, auch als rational ausgerichteter Mensch christlich zu glauben, führt er in seinem jüngst erschienenen Buch «Der christliche Glaube und die vierte Dimension» aus. Das Buch möchte interessierte – und auch skeptische – Menschen einladen, sich mit der Welt der Bibel und der christlichen Religion auseinanderzusetzen, ohne dabei den Verstand und das kritische Nachfragen an der Garderobe abgeben zu müssen. 

Zurück zur Auferstehung. Wie ist es heute für rational denkende Menschen möglich, dieses singuläre, irrationale oder besser: überrationale Geschehen als ein tatsächliches Ereignis zu begreifen? 

Zunächst: «Der Wunsch, alles mit den Mitteln der Logik erklären und beweisen zu wollen, ist seit der frühen Neuzeit, seit dem Erwachen der modernen Naturwissenschaften also, nach und nach stärker geworden, und heute dominiert es in der westlichen Welt das Denken», so Bachmann. Falsch sei das nicht: Die auf empirischer Evidenz beruhenden Wissenschaften hätten schliesslich grosse und nützliche Errungenschaften hervorgebracht. 

In neuerer Zeit sind in den Naturwissenschaften jedoch Phänomene entdeckt worden, die unsere gängige Vorstellung der Wirklichkeit infrage stellen. Zu nennen sind zum Beispiel die verwirrenden Vorgänge in der Quantenphysik oder die erstaunliche Tatsache, dass es mathematische Sätze gibt, die zwar unbestreitbar wahr sind, aber nicht bewiesen werden können.

Der Wunsch, alles beweisen zu wollen, dominiert im Westen das Denken.
Otto Bachmann, Mathematiker und Buchautor

Daraus folgert Otto Bachmann: «Wenn sogar die Mathematik Unbeweisbares kennt, ist es nicht widervernünftig, an einen unbeweisbaren Gott zu glauben.» Um dem Reden von Gott einen neuen Rahmen zu geben, bringt er eine vierte Dimension, quasi eine «Gottesdimension» ins Spiel – analog zu Albert Einstein, der das klassische Raumgefüge um die vierte Dimension der Zeit ergänzte, um bestimmte Phänomene zu erklären. 

Natürlich wären Skeptiker der heutigen Zeit am ehesten zu überzeugen, wenn man ihnen die Auferstehung Jesu von den Toten sauber vorrechnen und wissenschaftlich beweisen könnte. Das jedoch bleibt in den drei Dimensionen, die der menschlichen Vorstellung zugänglich sind, unmöglich. «Alle Gottesbeweise enthalten versteckte Zirkelschlüsse wie auch unbegründete Annahmen», erklärt Bachmann. Es brauche immer auch einen Schritt des Glaubens, um Gott als real anzuerkennen und in das eigene Leben zu integrieren. 

Komplementäre Sichtweisen 

In der westlichen Kultur dominiere ein einseitig «hellenischer», also sachlicher und analytischer, von der altgriechischen Philosophie geprägter Umgang mit den biblischen Zeugnissen, sagt Bachmann. Im Gegensatz dazu seien biblische Texte stark vom hebräischen Denken geprägt, das auf Beziehungen ausgerichtet sei und oft durch bildhafte Zuspitzungen Dinge auf den Punkt bringe. In seinem Buch plädiert er dafür, die hebräische Sichtweise vermehrt miteinzubeziehen. 

Letztlich, lautet Otto Bachmanns Fazit, mache weder das hellenische noch das hebräische Denken Gott fassbar, aber beides helfe auf seine Weise mit, bereichernde Erkenntnisse zu gewinnen. Hans Herrmann 

Otto Bachmann: Der christliche Glaube und die vierte Dimension. Novum Verlag, 2024