Glaube 27. Februar 2025, von Wolf Südbeck-Baur

Theologiekurs eröffnet ungeahnte Perspektiven

Weiterbildung

Persönliche Horizonterweiterung, tiefe Einblicke ins theologische Getriebe reformierter Glaubensfragen und neue berufliche Perspektiven verdanken Absolventen dem Theologiekurs. 

Seraina Guler fand neues Verhältnis

Seraina Guler unterrichtet in Sent seit über 15 Jahren Religion. Entsprechend lange ist es her, dass sie den Evangelischen Theologiekurs (ETK) abgeschlossen hat. Das war 2003, wobei die 54-Jährige bis 2005 zudem als Co-Leiterin des ETK im Engadin fungierte. Von Kindsbeinen an war das Interesse für Glaubensfragen bei Seraina Guler sehr ausgeprägt. 

Etwas für sich machen

«Der Glaube gehört einfach zu mir.» Als in einem Kurs zum Themenkomplex Glaube und Esoterik der Theologiekurs vorgestellt wurde, hatte Seraina Guler ganz schön Respekt: «Theologiekurs, das tönte ziemlich anspruchsvoll.» Sie kam mit den ehemaligen Absolventinnen, «ganz normalen Hausfrauen», ins Gespräch, wodurch ihre Zweifel, überfordert zu sein, verflogen. «So konnte ich neben dem Eingebundensein in die Familie einen Abend pro Woche für mich etwas machen, was mir am Herzen liegt», sagt die Gemeinderätin von Scuol mit innerer Klarheit. Der ETK habe ihr den Blick geweitet. «Beschäftigt man sich allein mit Glaubensfragen, verpasst man spannende und ungeahnte Erfahrungen», so Guler. «Auf diese Weise bekam ich einen Eindruck der verschiedenen Blickwinkel, spannende und offene Diskussionen trugen zur Vertiefung bei.» 

Spannende Debatten


Die Debatte über den Buddhismus war laut der Religionslehrerin besonders anregend. Guler erzählt, die Gemeinsamkeiten von Christentum und Buddhismus, die im Austausch zutage kamen, hätten bei ihr zu einem neuen Verständnis des Christentums und anderen Religionen geführt. «Wie wir uns verhalten, wirkt sich auf unsere Befindlichkeit und auf unser Umfeld aus», so die Senter Laienpredigerin.  

Helmut Andres ist dankbar

Helmut Andres schloss den Evangelischen Theologiekurs 2024 ab. Der Kirchgemeindepräsident von Bivio-Surses wollte sich nicht ausschliesslich auf die Verwaltungsaufgaben beschränken, sondern hat auch ein grosses Interesse «für das, was eine christliche Kirchgemeinde ausmacht – und das ist zu einem guten Teil Predigen», begründet der gelernte Jurist seine Teilnahme. Der Zuspruch eines befreundeten Pfarrers tat schliesslich sein Übriges. 

Neustart mit Gottesdienstbesuchen


Nach beruflichen Unstimmigkeiten in der vom Vater gemeinsam mit seinem Bruder übernommenen Anwaltskanzlei in Mannheim folgte der 57-Jährige 2013 dem werbenden Ruf seines heutigen Manns in die Schweiz. Den Neustart, wie Helmut Andres berichtet, verknüpfte er mit Gottesdienstbesuchen. Das gab und gibt ihm zudem eine Struktur. Auf diese Weise dauerte es nicht lange, bis der gesprächsoffene Neuzuzüger mit den Leuten der Kirchgemeinde ins Gespräch kam. 

Predigt ist kein Plädoyer

Inzwischen ist der Kirchgemeindepräsident ausgebildeter Laienprediger. Anfangs, so berichtet Andres, habe er so gepredigt, wie er ein Plädoyer gehalten habe mit dem Ziel, seine Zuhörer von seiner Sicht der Dinge zu überzeugen. Nicht zuletzt der kritische Austausch mit Kursleiter Professor Jörg Lanckau und den Kurskollegen machte ihm aber klar: «In einer Predigt spricht man über eine Bibelstelle, ohne ein bestimmtes Ergebnis herbeizwingen zu wollen. Man hat an meinem Predigtstandpunkt – und da bin ich sehr froh drüber – ziemlich gefeilt.»  Allein wegen dieser persönlichen Weiterentwicklung ist Helmut Andres dankbar, den Theologiekurs gemacht zu haben. 

Anita Zysset kann fundiert begleiten

Die Religionslehrerin Anita Zysset sprüht vor Begeisterung. Angefangen hatte Zyssets Engagement als Jugendarbeiterin und Konfirmandenkursbegleiterin in der Kirchgemeinde Zizers. Als Rüstzeug brachte sie, die individualpsychologische Beraterin und STEP-Elterncoaching-Kursleiterin, zwar pädagogische Erfahrungen mit. Aber dann merkte sie bald, «dass mir alles, was theologische Fragen anbelangt, fehlt».Die Konfirmanden mit ihren Zweifeln und den Glaubensfragen fundiert begleiten zu können, war für die 40-jährige Frau die ausschlaggebende Motivation, die dreijährige Ausbildung zur Fachlehrperson Religion zu absolvieren. Bestandteil dieser Ausbildung wiederum ist der Evangelische Theologiekurs (ETK) im Kanton Graubünden. 

Spirituell bereichernd

Und noch etwas betont Zysset: Damit sie den religiösen Gesprächsaustausch und das Erlebnis der Gemeinschaft mit gleichgesinnten Kollegen vertiefen kann, nimmt sie trotz abgeschlossener Ausbildung weiterhin am Kurs teil. Des Weiteren hebt Zysset die spirituell bereichernde Vertiefung ihres Glaubens hervor. Im Elternhaus damals habe die Bibel wortwörtlich für wahr gehalten werden müssen. «Im Theologiekurs haben wir gelernt, nicht nachvollziehbare Bibelstellen aus verschiedenen, namentlich historischen, gesellschaftlichen und exegetischen Perspektiven zu betrachten», so Zysset. «Diese anderen Blickwinkel haben mir in meinem Glauben sehr geholfen, weil sich mir nun der Inhalt plötzlich logischer erschloss. So bin ich mit den Bibeltexten, mit denen ich früher nicht klarkommen konnte, versöhnlicher geworden.» 

Hanspeter Walther wurde offener

Hanspeter Walther ist in den letzten 15 Jahren mehr als 400 Mal in den reformierten Kirchgemeinden der Kirchenregion Heinzenberg-Domleschg als Laienprediger im Einsatz gewesen. Das dafür notwendige Know-how bekam der pensionierte Agraringenieur, der unter anderem für die Basler Mission vier Jahre in Kamerun im Missionseinsatz gewesen war, im Evangelischen Theologiekurs Graubünden. Die Anregung, doch Laienprediger zu werden, freilich kam vom Gemeindepfarrer, nachdem Walther in der Kirchgemeinde engagiert mitgewirkt hatte. «Mir begegneten dort viel Vertrauen, Wertschätzung und Verantwortung», fasst der 77-Jährige rückblickend zusammen. 

Religiöse Bandbreite 

Hanspeter Walther, der sich selbst als «eher konservativ» charakterisiert, schätzte vor allem «die religiöse Bandbreite der Teilnehmenden und der verschiedenen Referenten sowie die breit gefächerten Themen, die meine eigene Bandbreite erweiterten und öffneten». Wertvoll und wichtig sei dies für ihn persönlich und seine Aufgabe als Laienprediger geworden. 

Paulus als Orientierung

Als tiefgläubig schätzt sich Hanspeter Walther schon seit jungen Jahren ein. Diese wurden stark durch die Pfadi und deren Andachten geprägt. «Die Tiefe meines persönlichen Glaubens hat sich seither nicht wesentlich geändert. Wohl aber die Offenheit für verschiedene Sichtweisen.» Mit Dankbarkeit sagt der Fürstenaubrucker, dass ihn die Arbeit als Laienprediger kontinuierlich verändert, «denn der Glaube ist lebendig und befruchtend». Der frühere Landwirt orientiert sich an Apostel Paulus, der Glaube, Liebe und Hoffnung in den Mittelpunkt stellt. 

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