An Blicke hat sich Francis Osagiobare gewöhnt. Die meisten Passanten schauen diskret, aber manche mustern unverhohlen seine Beinprothesen und Arme, die nach den Ellbogen enden. Früher trank er sich oft Mut an, um die Aufmerksamkeit auszuhalten, aber jetzt steuert er fröhlich plaudernd seinen Rollstuhl die Strasse entlang, hinein ins Lebensmittelgeschäft. Der 44-Jährige freut sich, den Fotografen und die beiden Journalistinnen zu bekochen. Essen zuzubereiten, ist für ihn ein wichtiger Akt, heilsame Normalität.
«Hey Mann, was gibts heute zu essen?», ruft der Kassierer. Osagiobare steigt lachend aus dem Rollstuhl. Er nutzt ihn nur, wenn er etwas tragen muss. Rasch geht er durch die Regale, begutachtet Zwiebeln, holt Poulet aus der Kühltruhe. Seine Armstümpfe sind seine Finger geworden, flink bedient er damit auch das Handy.
Nach Koma Schocknachricht
Zurück in der Wohnung im 14. Stock zeigt er stolz die Aussicht. Vom Balkon blickt man ins Zürcher Letzigrund-Stadion. Der Fussball ist eine beglückende und zugleich schmerzvolle Konstante in seinem Leben. Als Kind spielte Osagiobare in Nigerias Hauptstadt Lagos auf der Strasse. Nach dem Umzug in die Schweiz vor 20 Jahren fand er durch Fussball Freunde.