Die verrückte Jagd nach Frieden und Gerechtigkeit

Schlusspunkt

«Suche den Frieden und jage ihm nach.» So lautet die Jahreslosung 2019. Gedanken über Friedensjägerinnen und Gerechtigkeit, Wahnsinn und zerbrochene Herzen.

«Suche den Frieden und jage ihm nach.» So steht es im Psalm 34. Der Satz wurde als Jahreslosung für 2019 auserkoren und liefert den besten Vorsatz für das neue Jahr. Mehr noch, er ist Lebens­aufgabe. Im Grossen wie im Kleinen. Denn unmittelbar davor heisst es: «Meide das Böse und tue das Gute.»  Zu hoffen ist, dass es auch auf der politischen Weltbühne immer wieder Menschen gibt, die ihren Ehrgeiz nicht im Durchsetzen von Eigeninteressen und aggressiver Machtpolitik stillen, sondern dem Frieden nachjagen.

Die Leiden des Gerechten

Dass die Suche nach Ausgleich und das Schmieden von Kompromissen ganz schön anstrengend ist, legt die beinahe kriegerische Metapher der Jagd nahe. Der Friede ist nicht einfach da, ihn gilt es immer wieder neu zu suchen. Und zwar mit der Ausdauer, der Be­sessen­heit vielleicht sogar, mit der sonst gerne dem Erfolg und der Macht nachgejagt wird. Hier kann es nicht um einen faulen Frieden gehen, sondern um einen gerechten Frieden, der zuweilen erkämpft werden muss.

Der Psalm zeichnet ein realistisches Menschenbild: «Zahlreich sind die Leiden des Gerechten.» Er spricht in eine Gesellschaft hin­ein, in der Friedensjägerinnen und Friedensjäger ganz offensicht­lich einen schweren Stand haben. Und die Friedensjagd ist bis heute ein Minderheitenprogramm geblieben, wenn man auf die Krisen und Konflikte in der Welt blickt. Keine Zweifel offen lässt der Psalm freilich, auf welcher Sei­te Gott steht: «Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens, hilft denen, die zerschlagenen Geistes sind.» Nicht der schnelle Erfolg wird hier versprochen, aber die Nähe und die unverbrüchliche Treue Gottes. Und damit der Zuspruch, dass die Gerechten, jene also, die das Böse lassen und das Gute tun, sich am Ende durchsetzen werden.

Verrückt nach Frieden

Dass alle, die dem Frieden nachjagen, nicht nur Gott, sondern auch die Logik auf ihrer Seite haben, zeigt sich an der Scharnierstelle, die den Psalm vom Lobgesang ins Lehrgedicht überführt. «Wer begehrt das Leben, wer will glückliche Tage sehen?» Die Frage ist rhetorisch. Dass das Glück nicht im Streit zu finden ist, liegt auf der Hand. Auch deshalb lohnt es sich, an der biblischen Friedensmission festzuhalten und sich dabei zuweilen den Vorwurf der Verrücktheit oder zumindest der Naivität einzuhandeln. Schliesslich schreibt David den Psalm unter dem Eindruck, sich dem Zugriff des Königs von Gat mit einer ziemlich originellen List entzogen zu haben: Er stellte sich wahnsinnig (1. Sam 21,13-16).

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