Jakob fühlt sich an diesem Sonntag gut. Wenn er zurückblickt, liegen
zwei Wochen harte Werft- und Vorbereitungsarbeiten hinter ihm. Davor
noch eine Woche Quarantäne. Nun ist er froh, dass wir unterwegs sind in
ein Gebiet, in dem derzeit kein einziges weiteres ziviles
Seenotrettungsschiff segelt. Er ist dankbar und fühlt sich beschenkt, an Bord der «Sea-Watch 4» zu sein.
Ich frage ihn, inwieweit sein Engagement für Sea Watch mit seiner
christlichen Überzeugung zu tun hat. Er stellt klar, dass es ein schöner Zusatzpunkt sei, dass die «Sea-Watch 4» über eine Art kirchliches
Start-up finanziert sei, sieht das aber keinesfalls als
Motivationsgrund, an Bord zu sein. Allerdings begrüsst er diese neue
Entwicklung aus kirchlichen Kreisen, und es passe zu seiner christlichen Überzeugung, dass «alle Menschen ein Recht auf ein gutes und befreites
Leben haben». Insbesondere diejenigen, die auf der Flucht seien und an
den Rändern der Gesellschaft stünden. Als Europäer sieht er sich in
einer Tradition von Mitschuldigen, die vor allem durch Kolonialisierung
an der Ausbeutung etwa Afrikas beteiligt waren oder sind.
«Es geht erstmal darum, Menschen zu helfen - im Sinne einer Caritas», sagt Jakob. Jemanden aus dem Wasser zu ziehen und ihn zu versorgen sei
ein zutiefst humanitärer Akt. Dahinter stünden aber die politischen
Verhältnisse, die überhaupt dazu führten, dass sich Menschen in
Schlauchboote setzten und die gefährlichste Route über das Mittelmeer
nehmen. Koste es, was es wolle.
Nach Jakobs Meinung müssen sich christliche Gemeinden noch viel
stärker politisch positionieren. Für ihn sind Aussagen wie «Die Kirche
muss neutral sein» Humbug, sogar eine Chimäre. «Es gibt keinen
unpolitischen Raum», sagt Jakob. Es brauche auch in der
Zivilgesellschaft viele, die sich für die Arbeit von Sea Watch stark
machen und helfen, so dass diese nicht mehr kriminalisiert werde. Wie
der Verein Seebrücke beispielsweise, in dem sich Gemeinden für so
genannte sichere Häfen erklären und sagen: «Wir schicken einen Bus nach
Sizilien und nehmen einige der Geretteten bei uns auf.» Das sei ein
starkes Zeichen der Zivilgesellschaft, sich gegen den Kurs der
Bundesregierung zu wehren, meint Jakob.