Ruhige Tage nach der anstrengenden Rettungsmission

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In Quarantäne putzt die Crew der Sea-Watch 4 das Schiff und hat Zeit, darüber nachzudenken, was während der Rettungsmission alles passiert ist.

Seit dem 2. September sind wir 28 Crew-Mitglieder wieder allein an Bord der Sea-Watch 4. Am 8. September hörten wir im Morning-Briefing von Einsatzleiter Philipp Hahn, dass die erste Mission der Sea-Watch 4 diejenige war, während der sich am meisten Menschen über die längste Zeit an Bord eines Sea-Watch-Rettungsschiffes befanden.

Elf Tage lang hatte das Rettungsschiff Menschen an Bord. Nach zwölf Tagen konnten die Geretteten den italienischen Behörden werden. Die Crew muss nun an Bord bleiben und eine Quarantäne von 14 Tagen absolvieren. So haben es uns die Behörden verordnet. Wir sehen das pulsierende Palermo nur aus der Ferne und haben uns schon oft gewünscht, an Land gehen zu können.

Erfolgreiche Zusammenarbeit

Nach der anstrengenden Mission hat die Crew zwei Tage abschalten dürfen und die Energie-Reserven aufgefüllt, viel geschlafen. Einige Crew-Mitglieder hatten seit der Abfahrt aus Burriana keine Nacht mehr durchgeschlafen. Trotz hoher Belastung konnte die Crew die erste Mission der Sea-Watch 4 als Erfolg werten. Denn 354 Menschen konnten sicher ausgeschifft werden, und erstmals haben die beiden Organisationen Sea-Watch und Medicins Sans Frontieres miteinander an Bord zusammengearbeitet.

«Wir haben hier ein grosses Schiff, das viel Arbeit macht», sagte Bootsmann Alessandro, der zu der ständigen Crew des Schiffes gehört. Diese Arbeit hat die Crew seit Montag wieder aufgenommen, denn an so einem Schiff muss permanent gewerkelt werden, auch während der Stehzeiten wie jetzt.

Seit Tagen warten wir auf ein Boot, das uns frische Lebensmittel bringt. Daher haben wir am Montag alle Kühlschränke ausgewischt und alle Vorräte sortiert. In den Kühlschränken hier an Bord haben drei Personen Platz, so gross sind sie. Immer noch kochen wir selbst, da der Koch kurz vor Auslaufen des Schiffes verletzungsbedingt von Bord gegangen ist.

Ungewissheit vor der Kontrolle

Die Decks haben wir komplett gereinigt und desinfiziert. Die Sea-Watch 4 wird auf die nächste Mission vorbereitet. Einige von der Crew und auch das Team von Ärzte ohne Grenzen sollen weiterhin dabei sein, wenn das Bündnisschiff wieder in See sticht, um Menschen zu retten. Wann das sein wird, ist derzeit aber ungewiss. Vieles wird davon abhängen, wann die Port-State-Control, eine Art obligatorischer TÜV für Schiffe in Italien, stattfinden wird.

Erfahrungsgemäß fänden die Italiener immer etwas, um die Schiffe von Nicht-Regierungsorganisationen festzusetzen, so wurde mir berichtet. Wie aktuell diese Befürchtung ist, zeigte eine Twitter-Nachricht vom Dienstag auf dem Account der Sea-Watch. Darin heisst es, dass das Aufklärungsflugzeug Moonbird von den italienischen Behörden gegroundet wurde. Das Flugzeug darf von Lampedusa aus nicht mehr starten. Die Moonbird unterstützt normalerweise die Schiffe wie die Sea-Watch 4 mit Aufklärungsflügen im Mittelmeer.

Unterstützung und Hasskommentare

Nachdem an Bord mehr Ruhe eingekehrt ist, habe auch ich ein wenig Zeit, über ein paar Dinge nachzudenken, die in der letzten Zeit passiert sind. Ich durfte viel Unterstützung erfahren, Menschen aus kirchlichen Kreisen, die interessiert waren an dem, was die Crew der Sea-Watch 4 hier macht. Dafür bin ich sehr dankbar. Denn auf der anderen Seite musste ich auch Hasskommentare, Mails, deren Inhalt mir unerklärlich sind.

Das Thema Migration und Flucht ist hoch emotional. Genau jetzt fliehen Menschen, weil sie gefoltert werden. Genau jetzt gibt es Länder, in denen der Standard an Gerechtigkeit, Hygiene und Menschlichkeit viel, viel niedriger ist als das, was die meisten von uns kennen.

«Wir retten jeden, auch die Schwierigen», sagen sie hier an Bord. Niemand hat den Menschen in Europa ein Paradies versprochen. Aber Menschen würdig zu behandeln, bedeutet für mich auch, sie aus Seenot zu retten.

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