Ich war mit Bigna im Unterland in einer Kirche. Wir gehören beide zwar keiner Konfession an, aber es war ein Gottesdienst mit einer Geigerin, die wir sehr schätzen, und da so wenige Menschen kamen und wir nicht abseitsstehen wollten, gingen wir auch zum Abendmahl. Der Pfarrer hatte davor etwas gesagt wie: «Christen wie Heiden sind gleichermassen willkommen, wenn sie hier sind, um sich Gott zuzuwenden.» Und wir hatten nichts dagegen, uns Gott zuzuwenden.
Es fand auch keine Verwandlung statt, wie ich sie aus der katholischen Kirche kannte, der Pfarrer sprach nur davon, dass Brot und Wein geteilt werden sollten. In diesem Fall war es Traubensaft, das Tetrapak stand noch da. Ein Stückchen Brot bekamen wir auch wirklich, doch Traubensaft durfte Bigna keinen haben, also verzichtete ich ebenfalls. Und als Bigna nach dem Gottesdienst Geld in den Opferstock stecken wollte und es nicht gleich schaffte, drängelte der Pfarrer und wollte sie wegschicken.
Auf dem Heimweg gingen wir eine Weile schweigend. Dann platzte Bigna heraus: «Der war so was von gemein! Den doofen Traubensaft kann er meinetwegen behalten, aber dann muss er mich nicht erst einladen.» «Ja, ich fands auch nicht schön. Aber ich nehme an, er durfte dir nichts geben, so sind nun mal die Regeln seiner Kirche.» «Dann werde ich dort ganz bestimmt nie Mitglied.» «Zum Glück braucht man keine Kirche, um ein Leben als guter Mensch zu führen.» «Auch nicht, wenn man an Gott glauben will?» «Nein, auch dann nicht.» «Aber so eine Kirche ist eben schon schön! Und die Musik klingt darin ganz besonders.» Ich nickte. «Wir durften ja auch zuhören, wir hätten nur nicht am Abendmahl teilnehmen dürfen.»
«Vielleicht werde ich doch reformiert, und dann werde ich Pfarrerin und lade alle zu Brot und Saft ein. Ganz egal, was sie glauben oder ob sie was glauben. Und die Kinder sowieso.» «Das ist eine schöne Idee, nur entlässt dich dann die Kirchenleitung womöglich.» «Ui, das wollen wir natürlich nicht! Ich weiss was: Wir bauen eine eigene Kirche. Und darin machen wir einfach nur Musik. Man muss nämlich gar nicht immer reden!»